Bevor die neuartige Wirkstoffkombination jedoch zur Behandlung eingesetzt werden kann, müssen zunächst noch weitere klinische Test durchgeführt werden. Die Ergebnisse des Forschungsprojekts wurden heute in dem angesehenen wissenschaftlichen Fachjournal Science Translational Medicine veröffentlicht.
Mangel an Protein DJ-1 macht krank
Das Protein mit dem Namen DJ-1 spielt beim Erhalt funktionsfähiger Nervenzellen eine entscheidende Rolle. Ist der Körper nicht in der Lage, DJ-1 in ausreichendem Maße zu produzieren, sterben wichtige Nervenzellen ab. In der Folge entwickeln sich neurodegenerative Erkrankungen, wie zum Beispiel die Parkinson-Krankheit. Die Produktion von wichtigen Proteinen wie DJ-1 kann gestört oder ganz unterbunden werden, wenn dessen genetischer Bauplan oder der damit verbundene Produktionsprozess defekt ist.
Das Luxemburger Forscherteam um Prof. Dr. Rejko Krüger hat nun erstmals die Bedeutung eines Fehlers im Produktionsprozess als maßgeblich für die Entwicklung einer bestimmten Form der Parkinsonerkrankung identifizieren können. „Ein wesentliches Werkzeug für den Aufbau des Proteins DJ-1 kann bei den Patienten nicht richtig andocken“, erklärt Krüger. „Durch diesen Defekt wird das Protein durch gar nicht erst gebildet.“ Dieses Forschungsergebnis bietet einen völlig neuen Ansatzpunkt bei der medikamentösen Behandlung dieser Fehlfunktion der Protein-Synthese. „In diesem Fall verändert diese Erkenntnis den Blick auf die Ursachen der Erkrankung fundamental und bietet völlig neue Möglichkeiten bei der Behandlung“, sagt Dr. Ibrahim Boussaad, leitender Wissenschaftler und Erstautor der wissenschaftlichen Publikation. „Unser neues Verständnis hiervon haben wir alleine der Tatsache zu verdanken, dass wir mit Spenden von Hautzellen der betroffenen Patienten arbeiten konnten“, hebt Boussaad hervor.
Zellspende ermöglicht Fortschritt
Durch die Spende von Hautzellen seitens Patienten und gesunden Kontrollpersonen, ist es den Forschern in Luxemburg möglich, diese Zellen im Labor „umzuprogrammieren“ und aus ihnen Nervenzellen zu erzeugen. Diese bilden die Nervenzellen im Gehirn des jeweiligen Spenders nach und können dann im Labor für Analysen und Tests genutzt werden. Da die direkte Entnahme von Nervenzellen aus dem Gehirn von Patienten aus gesundheitlichen und ethischen Gründen nicht möglich ist, lässt sich die Krankheit so dennoch an patienteneigenen Zellen untersuchen.
„Jede gespendete Probe von Patienten und Kontrollpersonen zählt“, betont Prof. Krüger. „Es gibt viele genetische Mutationen, die einen unterschiedlichen Einfluss haben können. Um die verschiedenen Mechanismen zu verstehen, die der Parkinson-Erkrankung zu Grunde liegen, ist es entscheidend so viele Proben wie möglich zu sammeln und die Zellen der Mutationsträger zu untersuchen. Was wir dabei von einer Patientenprobe lernen hilft uns daher nicht nur auch andere Fälle zu verstehen, sondern auch ganze Patientengruppen zu identifizieren, die von der selben neuen Behandlung profitieren können.“
Luxemburgs Interdisziplinarität ist Schlüssel zum Erfolg
In dieser neuen Studie basierend auf Nervenzellen von Patienten, konnte das Team von Prof. Krüger die Ursache für die genetische Form der Parkinsonerkrankung, bei der das PARK-7-Gen eine Mutation aufweist, aufklären. Anschließend erfolgte umgehend eine automatisierte Recherche nach potenziellen Wirkstoffen für eine medikamentöse Behandlung mithilfe der Entwicklung präziser bioinformatischer Werkzeuge, die am Luxembourg Centre for Systems Biomedicine entwickelt wurden. Das Forscherteam stieß dabei auf die Wirkstoffe Phenylbuttersäure und RECTAS. Beide Wirkstoffe in Kombination verabreicht, ermöglichen den Zellen unter Laborbedingungen eine wirksame Regeneration der Produktion des so wichtigen Proteins DJ-1.
„Nur durch Verknüpfung zahlreicher Disziplinen - von der Arbeit der Ärzte, über die Forschung im Labor bis zu den Computerwissenschaften – war es uns an der Universität Luxemburg möglich, die Ursache zu analysieren und zugleich die Wirkstoffe zu identifizieren, die eine medikamentöse Behandlung ermöglichen“, erläutert Prof. Dr. Rejko Krüger und ergänzt: „Da wir seit einigen Jahren alle nötigen Disziplinen in Luxemburg vereint haben, ist derartiger wissenschaftlicher Fortschritt „Made in Luxembourg“ möglich.“ Großen Wert legt das Team der Wissenschaftler darauf, den Luxemburgerinnen und Luxemburgern zu danken, die an der Luxemburger Parkinson Studie teilnehmen und so die Forschung überhaupt erst ermöglichen.